Die polnische Ostgrenze als neue EU-AußengrenzeParadigmenwechsel zwischen der EU und der Ukraine[Notice]

  • Anna Tomaszewska

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  • Anna Tomaszewska
    Willy Brandt-Zentrum für Deutschland- und Europastudien der Universität Breslau
    a.tomaszewska@feps.pl

Die Erweiterung der Europäischen Union ist nicht nur für die Mitgliedsstaaten eine Herausforderung, sie schafft auch eine neue Situation für die Nachbarn der EU: Neue Mitgliedsstaaten, die den acquis communitaire übernehmen, verschärfen ihre Grenzregime. Seit dem EU-Beitritt hat der polnische Grenzschutz die Aufgabe übernommen, die Außengrenze der EU zu schützen. Das war für die EU eine große Veränderung – die neuen Mitgliedsstaaten sollten von jetzt an für die Sicherheit der ganzen Gemeinschaft sorgen. Für Polen war der Schritt noch wichtiger, weil er auch bedeutete, dass die Kontakte zu den wichtigsten Nachbarn im Osten neu bestimmt werden mussten. Mit dem EU-Beitritt im Jahr 2004 hat sich Polen verpflichtet, auch dem Schengen-Raum beizutreten und alle notwendigen Veränderungen durchzuführen. Dabei war es unter anderem notwendig, die Struktur des Grenzschutzes anzupassen und seine Aufgaben neu zu definieren (jeweils unterschiedlich an der Westgrenze zu Deutschland und an der Ostgrenze). Mit der Unterstützung der EU-Mitgliedsstaaten, insbesondere Deutschlands, konnte der Grenzschutz auch die technische Ausstattung auf den neuen Stand bringen. Bis jetzt hat sich der polnische Grenzschutz bei der Erfüllung seiner Aufgaben einen guten Ruf erworben. Der Schengen-Beitritt war für Polen eindeutig positiv; es gab aber auch einige Probleme, die die östlichen Nachbarn betrafen, insbesondere die Ukraine. So musste die Visumspflicht für die Ukraine 2003 wieder eingeführt werden, wobei die Visa entgeltlich vergeben werden sollten. Gleichzeitig einigte man sich auf ein Abkommen über Erleichterungen bei Visa-Erteilung. Was die ukrainische Seite heute als problematisch meldet, sind die Wartezeiten für die Visa-Erteilung, die steigende Zahl von Absagen und die niedrige Zahl von Mehrfachvisa für längere Zeiträume. All das beeinträchtigt das Bild der EU in der Ukraine und hinterlässt den Eindruck unfairer Behandlung. In meinem Text möchte ich genauer nachprüfen, ob die Schengen-Erweiterung eine Auswirkung auf den Grenzverkehr hatte, und wenn ja, welche. Ich werde die Frage der Visumspflicht in den Kontext der Nachbarschaftspolitik stellen und zu zeigen versuchen, wie sich die Veränderungen auf bilaterale Beziehungen zwischen Mitglieds- und Nichtmitgliedsstaaten bzw. auf die Beziehungen der EU zu Drittstaaten auswirken. Dieser Text und der Text von Frau Opiłowska, der auch in diesem Heft zu finden ist, ergänzen sich thematisch. Frau Opiłowska stellt die westliche Grenze vor, mit den Problemen der Teilung, mein Text beschreibt, wie sich die Situation im Osten entwickelt. Die gegenseitigen Kontakte an der polnischen Westgrenze waren jahrelang durch Misstrauen und Kontrolle geprägt, bevor die Grenze geöffnet wurde. Die Ostgrenze schließt sich immer mehr. Hoffentlich wird sich an ihr die Geschichte der Teilung nicht wiederholen und die Grenze zu einem Faktor werden, der die Zusammenarbeit zwischen Polen und der Ukraine fördert. Das Verlegen der Außengrenze der EU war ein langer, mehrere Jahre andauernder Prozess. Dabei war der 21. Dezember 2007, an dem die Grenzkontrollen durch Kompensationsmaßnahmen ersetzt wurden, nur ein symbolischer Moment. Am 15. August 2001 verabschiedete das polnische Komitee für Europäische Integration einen Schengen-Aktionsplan. Dieses Dokument beinhaltete einen detaillierten Plan, der die schrittweise Übernahme des Schengen-Regimes vorsah. Ab dem Jahr 2000 gab es auch eine Strategie für eine integrierte Grenzverwaltung, die bestimmte, welche Aufgaben Polen vor dem Schengen-Beitritt erfüllen musste und wie die Aufgabenverteilung nach dem Beitritt verlaufen sollte. Dieses Dokument zeigt auch, dass die Aufgaben für Polen politisch nicht leicht durchzuführen waren: „Die wichtigste Annahme war, dass Polen einen angemessenen Schutz der EU-Länder vor unerwünschten Personen und Gütern gewährleistet und gleichzeitig gute Kontakte zu den Nicht-EU-Ländern pflegt.“ Einerseits sollte Polen also die Grenze so undurchlässig wie möglich halten, andererseits sollten sich die Kontakte zu den Nachbarn nicht verschlechtern. Wie sollte das möglich sein? Polen war verpflichtet, die Visumspflicht für die Ukrainer einzuführen, was am 1. Oktober 2003 geschah. Dabei bemühte sich die polnische Seite, dies so liberal …

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